Die Frage, ob der Wille frei ist, hat schon Generationen an Menschen beschäftigt. Für die Untersuchung heute sollen, grob gesehen, zwei Standpunkte unterschieden werden:
Die Einen sagen der Lauf der Welt sei determiniert. Es gäbe keine Zufälle und die Welt laufe wie ein Uhrwerk ab, alles habe seinen Platz, der im Leben von allem eingenommen werde. Solche Menschen ergeben sich fatalistisch dem Weltgeschehen und berufen sich auf die eigene Einflusslosigkeit.
Der andere Schlag geht vom Gegenteil aus: Das Universum sei mit all seinem Inhalt ohne Plan und Ziel aus sich selbst herausgeworfen worden und folge keiner anderen Ordnung, als der sich spontan organisierenden Unmittelbarkeit. Dadurch bilden sich Gesetzmäßigkeiten heraus, die sich auch in der Evolutionstheorie zusammenfassen ließen: Survival of the fittest. Hierbei gibt es keine anderen Regeln als die selbst gewählten.
Dass hier die Existenz aller Dinge, die bunter und vielfältiger sind, als der Regenbogen Farben hat, bichromatisch reduziert wurde, sollte dem geneigten Leser aufgefallen sein. Natürlich gibt es nicht nur schwarz und weiß. Diese Unterscheidung soll an der Stelle nur helfen den Diskurs zu eröffnen. Die Frage nach der Freiheit wird, so unterstellen wir einem extremistischen Fatalisten, ohnehin überflüssig scheinen: Die Freiheit des Willens ist doch eh nur eine Illusion, der wir aufgesessen sind. Selbst wenn ich in diesem Moment aufstünde und einer plötzlichen Eingebung folgend in der Nase bohrte, so wäre dies ein vorhergesehenes Ereignis auf meinem Lebensweg. Es wäre in diesem Moment gar nicht möglich gewesen, nicht aufzustehen und in der Nase zu bohren. Selbst diejenigen, die sich diesem Themengebiet nicht theologisch nähern, können ihre Unfreiheit begründen: Wir sind Opfer unser eigenen, fleischlichen Existenz. Wir sind dem Zwang unterworfen, zu atmen, zu essen und zu ruhen.
Das ist ein starkes Argument dafür, dass die Gegenseite sich wohl allenfalls zu der Aussage hinreißen ließe, dass man ja sehr wohl entscheiden könnte, zum Beispiel nicht mehr zu essen. Die Konsequenz wäre eben nur der Tod. Die Freiheit der Entscheidung ist dennoch gegeben.
In der chaotisch geprägten Weltanschauung kann der Wille wohl als eine Art Muskel gelten, den es zu trainieren gilt. Der dann, wenn er stark genug ausgeprägt ist, sich selbst seine Regeln und Gesetzte formulieren kann.
Selbstverständlich ergeben beide Postionen, polar gegenübergestellt, keinen Sinn. Weder die eine noch die andere konnte bisher den Letztbeweis erbringen. Die Alltagserfahrung widerspricht schon auf ihre Weise nachdrücklich.
Was ist nun diese Freiheit?
Wir scheinen ja tatsächlich ein gewisses Maß an Freiheit zu besitzen, oder zumindest die Illusion der selbigen, die wir in unserem alltäglichen Leben in Anspruch nehmen können. Das fängt bei der Wahl des Frühstückes an und zieht sich durch die meisten unserer Lebensaspekte durch.
Freiheit scheint daher auf Selbstbestimmung zu basieren, die als Fundament für Entscheidungen fungiert. Selbstbestimmung ist die Bildung einer eigenen Meinung basierend auf dem, was wir als Fakten anerkennen, die wir dann methodisch anwenden. Die Entscheidung einen alltäglichen Spaziergang in der Abenddämmerung zu machen, ließe sich zum Beispiel auf günstigere klimatische Verhältnisse im Vergleich zu einer früheren Tageszeit zurückführen, was vor allem im Hochsommer zum tragen kommen dürfte. Hier wurde eine solche Entscheidung unter der Berücksichtigung des Faktes „Mitten am Tag ist es meistens heißer als dann, wenn die Ursache der Wärme ihre Wirkung nicht mehr so stark entfalten kann“ getroffen.
Freiheit stellt eine hohe Form der Mündigkeit dar, die wir vor allem in gesellschaftlichen Ordnungen pflegen sollten, die sich diesem Namen verschrieben haben: Der Demokratie. Demokratie bedeutet ja nichts anderes, als „Herrschaft des Volkes“ – Und grade bei der Herrschaft bedarf es einer großen Mündigkeit. Das heißt: Den eigenen Kopf anschalten und wie bei jeder Entscheidung einen Prozess von Abwägung zu initiieren und nicht bloß blind zu konsumieren, ob es nun materielle Güter oder Inhalte geistiger Natur sein mögen.
Man könnte zusammenfassen: Freiheit ist die Mündigwerdung mithilfe von geistigen Prozessen, die Erlangung einer gewissen Unabhängigkeit von äußeren Faktoren (vgl. Souveränität) und die Möglichkeit innere Einstellungen zu überprüfen um dann in den Genuss von diesem positiven Gefühl zu kommen, nachdem wir alle streben.
Das Gefühl der Freiheit
Wie fühlt sich denn nun „Freiheit“ an? Kann dieses Gefühl genau explizit genannt werden, phänomenologisch so sehr verallgemeinert, dass eine Beschreibung ohne das Wort „Freiheit“ zu einem Erkennen der solchen führt?
Wir können es ja mal probieren: Freiheit ist die Abwesenheit von Zwang. Sein eigener „Herr“ zu sein, bringt für viele eine Form der Befriedigung. Sich die Freiheit nehmen zu können, das Verhältnis von Arbeit und Freizeit bestimmen zu können ist für jeden attraktiv, da die betreffende Person sich so nach ihren eigenen Bedürfnissen richten kann.
Man könnte auch den Begriff der Leichtigkeit auch mit Freiheit konnotieren, da die Abwesenheit von Zwang einem umgangssprachlich auch die Last von den Schultern nimmt. Manch einer, und da zähle ich mich dazu, empfindet das Gefühl, belebt zu werden, wenn ein verpflichtender Termin, auf den man eher mäßig Lust hat, plötzlich wegfällt. Daher lasse ich mich zu der Aussage hinreißen zu sagen, dass Freiheit dem Leben selbst inne ist. Womit wir die Frage aber immer noch nicht zufriedenstellend klären konnten, zumal ich ja auch dem Zwang unterworfen bin, zu atmen, selbst wenn ich mich frei fühle. Vorerst kann ich nur damit fortfahren festzustellen,
Was Freiheit nicht ist
Freiheit ist kein Kartoffelgarten. Das bedeutet in dem Fall, dass nicht gilt: „Was man hat, das hat man“. Freiheit bedarf eines konstanten geistigen Prozesses, der jeden Tag, jede Stunde und jeden Moment aufs neue bewusst stattfindet. Geschieht dies nicht, ist das Risiko vorhanden, sich auf die faule Haut zu legen und sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen. Diese verwelken aber, wenn sie nicht regelmäßig gepflegt werden. Es gilt sich und seine Lebenswelt jeden Tag aufs neue zu hinterfragen und gegebenenfalls auch manche Freiheiten auszutesten, nur um zu schauen, ob sie nicht nur formal sondern auch reell noch vorhanden sind. Sie sind wie ein Gebäude, die ebenfalls hin und wieder saniert werden müssen, damit die Fundamente noch solide bleiben. Oder wer einen agileren Vergleich vorzieht: Man muss sich im Geist bewegen, damit so fit sein kann, Freiheit zu erkennen und zu erleben. Es ist wie beim Joggen: Wer regelmäßig Sport treibt, hat Kondition und ist fit. Wenn man das vernachlässigt, nimmt die Ausdauer und Kraft ab und man kommt schneller ins Schwitzen wenn man sich wieder bewegt.
Am Anfang begnügt man sich vielleicht einfach mit einem Etappensieg, damit man Ziele erreichen kann, die nicht mit einer Anstrengung zu erreichen sind… und das Ziel wäre ja
Die endgültige Freiheit
zu erlangen, die im Buddhismus nur durch das Meistern des Lebens erreicht werden kann. Dabei wird die metaphysische Position eingenommen, die Seele als unsterblich zu betrachten. Die Seele besuche dabei immer wieder verschiedene (menschliche) Körper und die mit ihnen verbundenen Lebenswelten, um auf diesem Weg alles zu erleben, was das Leben ermöglicht. Dabei lerne sie sich selbst kennen, leiste einen Beitrag zu der Existenz aller Dinge und würde früher oder später mit dem eigenen Handeln konfrontiert, weil es auf sie selbst zurück fiele. Es gilt aber generell: Leben heißt Leiden. Sicherlich gibt es viele verschiedene Arten des Leides, ich unterstelle euch Lesern mal, dass die meisten von euch ein Leben in zumindest verhältnismäßigem Wohlstand leben, sonst hättet ihr weder die technischen Mittel noch die Muße euch meine Artikel durchlesen zu können. Das sieht in anderen Teilen der Welt, oder besser in anderen Teilen der Gesellschaft ganz anders aus. Um Leid zu finden, müssen wir nicht weit schauen. Und dennoch sind selbst die, die noch ein recht lebenswertes Leben leben nicht davor gefeit. Jeder, der schon mal Liebeskummer hatte, weiß, wie sehr sich die Welt verdunkeln kann, obwohl doch das Drumherum soweit eigentlich in Ordnung ist.
Grade in der Liebe ist es daher sinnvoll, sich eine gewisse Unabhängigkeit und Freiheit zu bewahren und seinen Partner als das Individuum zu sehen, das er ist, und nicht als Objekt des eigenen Besitzes. Das wissen ja eigentlich auch alle, aber manchmal neigt man doch dazu, so zu handeln als ob er dieses wäre. Deshalb sage ich: Es ist wichtig nach seiner Freiheit zu streben, doch sollte man auch immer das gleiche Maß an Freiheit anderen zugestehen, das man selbst auch verlangt.
Doch genug der Binsenweisheiten und dem Beziehungsthema. Wer mehr über meine Ansicht über Beziehungen lesen will, kann das mit dem Klick auf den Link tun.
Wir wollen die endgültige Freiheit. Aber wie können wir sie erlangen? Ich bezweifle, dass wir in unserer menschlichen Form die endgültige Form der Freiheit erreichen können, da es immer irgendwie Zwänge gibt… und sei es nur das Atmen. Außerdem ist die endgültige Freiheit ein sehr metaphysischer Gegenstand, denn wie könnte diese aussehen? Um den Ausflug in den Buddhismus abzuschließen: Die endgültige Freiheit besteht wohl darin, das Leben „gemeistert“ zu haben und nicht wieder geboren zu werden. Man durchbricht das „Rad des Leidens“ und haftet nicht mehr an den Gegenständen der Welt an, weil man nicht mehr nach ihnen strebt. Man wird frei, in dem man wunsch-, und affektionslos wird. Man lebt quasi nur noch den Moment und ist sich selbst und und dem ganzen Universum bewusst. Man wird also durch Wunschlosigkeit frei, und erfreut sich nur noch an dem, was ist. Man wird daher nicht mehr in eine menschliche Existenz gezogen, da man nicht mehr an ihr haftet. So viel dazu.
Gerne werde ich den Buddhismus in einem anderen Artikel vertiefen, wenn interesse daran bestehen sollte.
Wie sieht eure Vorstellung der endgültigen Freiheit aus? Ihr seid natürlich wie immer, dazu eingeladen, zu kommentieren und eure Vorstellung der endgültigen Freiheit in den Kommentaren zu teilen.
Da ich leider keine Anleitung geben kann, wie man die endgültige Freiheit erlangen kann, verbleibe ich mit dem provokanten Tipp: Um frei zu sein, vermeidet das, was Leiden schafft.
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